Sektion 2

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Linguistische Besonderheiten romanischer Herkunftssprachen in Deutschland

Haus 1, Raum T-1003 (Kellergeschoss im Turm) | Building 1, Room T-1003 (tower, basement level)

Sektionsleitung und Kontakt:
Cristina Flores (Braga), E-Mail: cflores@elach.uminho.pt
Esther Rinke (Frankfurt a.M.), E-Mail: esther.rinke@em.uni-frankfurt.de

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Zeitplan

Herkunftssprachen werden typischerweise in einem Migrationskontext als Mutter­spra­chen im familiären Umfeld und gemeinsam mit einer dominanten Umgebungssprache er­worben (Valdés 2005). Obwohl die Herkunftssprache von Geburt an erworben wird, wird die Umgebungssprache vor allem im Schulalter oft zur dominanten Sprache. Die beson­de­ren Umstände, unter denen der Erwerb der Herkunftssprache erfolgt, prägen das sprach­­liche Wissen und den Sprachgebrauch der Herkunftssprecher. Dabei hat sich in zahlreichen Studien der letzten Jahre herausgestellt, dass verschiedene lin­guis­­­tische und extralinguistische Faktoren eine Rolle im bilingualen Spracherwerb spie­­len, wie zum Beispiel die Qualität und Quantität des Inputs, Sprachdominanz, Lite­ra­lität, oder die struk­turellen Eigenschaften der involvierten Sprachen (Montrul 2016).

Viele empirische Studien zum Erwerb von Herkunftssprachen kamen in den letzten zwanzig Jahren aus der Forschung zum Spanischen im Kontakt mit dem Englischen in den USA. Doch auch der deutsche Kontext ist aus verschiedenen Gründen sehr re­levant für die Herkunftssprachenforschung (Flores, Kupisch & Rinke 2017; Kupisch 2020; Rinke & Flores 2021; Schmitz 2016; Torregrossa 2018), da in Deutschland (i) unterschiedliche romanische Sprachen als Herkunftssprachen erworben werden (v.a. Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und Rumänisch), die mit dem Deutschen als Um­ge­bungssprache in Kontakt stehen und zudem (ii) seit den Anwerbeabkommen der 1960er Jahre mehrere Gene­ra­tionen von Herkunftssprechern existieren.

Im Mittelpunkt dieser Sektion stehen die romanischen Sprachen, die als Her­kunfts­spra­chen in Deutschland erworben werden. Ziel der Sektion ist es, zu diskutieren, wie die lin­guistischen und extra-linguistischen Faktoren die Struktur und den Erwerb der ro­ma­ni­schen Herkunftssprachen konkret beeinflussen und welche Rolle dabei Deutsch als Kon­taktsprache spielt.

Die folgenden Fragestellungen sind hierbei von Interesse:

  • Welche konkreten Erwerbsbedingungen kennzeichnen der Erwerb romanischer Her­kunftssprachen in Deutschland?
  • Welche Bereiche der Sprache (wie z.B. Phonologie, Morphologie, Syntax, Se­man­tik) und welche linguistischen Phänomene sind in den romanischen Her­kunfts­spra­chen in besonderer Weise ausgeprägt?
  • Welche Rolle spielt der Kontakt zum Deutschen als dominanter Um­ge­bungs­sprache im Erwerb der Herkunftssprache?
  • Inwiefern spielt Literalität eine Rolle für die Entwicklung der her­kunfts­sprach­lichen Sprachkompetenz (Flores & Lira 2021)?
  • Kann in den romanischen Herkunftssprachen ein vergleichbarer durch Sprach­kontakt bedingter Sprachwandel attestiert werden?

Diese Fragen sollen diskutiert werden anhand von Einzelstudien oder vergleichenden Stu­dien, die sowohl sprachtheoretisch informiert als auch empirisch basiert sind. Dabei sind sowohl experimentelle als auch korpusbasierte Untersuchungen zu phono­lo­gi­schen, morphosyntaktischen und lexikalischen Eigenschaften der Sprachen will­kom­men.

Bibliographie

Flores, C. & Lira, C. (2021). Portuguese in Germany: Considering issues of heritage language development and biliteracy. In: A. Souza & S. Melo-Pfeifer (Hrsg.), Portuguese as a Heritage Language in Europe: A pluricentric perspective (pp. 85-118). Campinas: Edições Pontes.

Feldhausen, Ingo & Maria del Mar Vanrell (zur Publikation angenommen). Focus Realization in Heritage Spanish: The Case of German-dominant Speakers of Peninsular Spanish. In: Rajiv Rao (Hrsg.), The Phonetics and Phonology of Heritage Languages. Cambridge: Cambridge University Press.

Flores, C., Kupisch, T. & Rinke, E. (2017). Linguistic foundations of heritage language development from the perspective of Romance languages in Germany. In: P. Pericles Trifonas & T. Aravossitas (Hrsg.), International Handbook on Research and Practice in Heritage Language Education (pp. 621-638). Springer International Handbooks of Education. Springer International Publishing AG.

Kupisch, T. (2020). Italian as a heritage language in Germany: Acquisition outcomes and the role of cross-linguistic influence. In: Ermenegildo Bidese, Jan Casalicchio & Manuela Caterina Moroni (Hrsg.), La linguistica vista dalle Alpi: teoria, lessicografia e multilinguismo. Studi in onore di Patrizia Cordin (pp. 265-294). Berlin: Peter Lang, 2020. (Studia Romanica et Linguistica 57).

Montrul, S. (2016). The acquisition of heritage languages. Cambridge: Cambridge University Press.

Rinke, E. & Flores, C. (2021). Portuguese as heritage language in Germany – a linguistic perspective. In: Languages 6(1) [Special Issue on Heritage Languages in Germany (Hrsg. T.  Kupisch)], p. 10.

Schmitz, K., Di Venanzio, L., Scherger, A.-L. (2016). Subject Omissions and Realizations in Italian and Spanish Heritage Speakers in Germany. In: Lingua 180, pp. 101-123.

Torregrossa, J. & C. Bongartz (2018). Teasing apart the effects of dominance, transfer and processing in reference production by German-Italian bilingual adolescents. In: Languages 3(3).

Valdés, G. (2005). Bilingualism, Heritage Language Learners, and SLA Research: Opportunities Lost or Seized? In: The Modern Language Journal 89(3) [Special Issue: Methodology, Epistemology, and Ethics in Instructed SLA Research], pp. 410-426.